Wenn der Chef zum Gespräch bittet

Handelsblatt, 28. Dezember 2011

Größere Tragweite als gedacht

Dabei ist es nicht nur schade, wenn Jahresgespräche inhaltlich einfach so vorbeirauschen, sondern auch sehr kurzsichtig. Einer Führungskraft muss an einem für alle Beteiligten passablen Ergebnis gelegen sein. Denn sie braucht für den Rest des Jahres einen motivierten Mitarbeiter, der ihr hilft, ihre eigenen Zielvorgaben von oben zu realisieren. Und auch für einen Mitarbeiter geht es um Fundamentales: Darum, ob er die Prämie, für die er sich so lange krumm gelegt hat, auch wirklich bekommt, ob er das kommende Jahr mit für ihn akzeptablen Aufgaben und Zielvorgaben verbringen wird, wie seine berufliche Zukunft aussehen kann und wie sich seine eigenen Karrierepläne – auch die längerfristige – dort einfügen lassen: Nach Auswertungen des Karrierenetzwerks LinkedIn werden die meisten Beförderungen im Januar vorgenommen.

„Wenn ein Mitarbeiter also schlau ist, dann nimmt er aktiv Einfluss auf das gemeinsame Gespräch und formuliert seine Sicht der Dinge, etwa auf seine Leistung und auf das, was von ihm erwartet wird", empfiehlt Personalberater Jordan.

Gute Gespräche rund um Prämien, Weiterbildung und Aufstieg fallen indes nicht vom Himmel. Sie benötigen eine ordentliche Vorbereitung – besonders dann, wenn der Vorgesetzte keine einfache Type ist – und eine gute Gesprächsstrategie, damit man sich im Termin selbst nicht willenlos durch die Programmpunkte manövrieren lassen muss.

Zunächst sollte sich ein Mitarbeiter deshalb seine Aufzeichnungen – die es hoffentlich gibt – und Vereinbarungen vom letzten Termin mit dem Chef vorknöpfen und kritisch Bilanz ziehen: Wie ist das Jahr für mich gelaufen? Welche Ziele habe ich in welchem Umfang erfüllt? Wo hat es gehakt? Wo habe ich geschludert? Wo war ich toll? An welchen Punkten habe ich mit Kritik zu rechnen?

Für den vollen Überblick empfiehlt sich, eine Liste mit allen abgearbeiteten Projekten, Verantwortlichkeiten, Leistungen und Fortbildungen anzulegen, sonst wird im Eifer des Gefechtes schnell mal Wichtiges vergessen. Wer mit schlechten Ergebnissen ins Gespräch mit dem Chef ziehen muss, sollte zunächst Ursachenforschung betreiben. Im Gespräch selbst heißt es, Farbe bekennen: Was ist schief gelaufen? Woran hat es gelegen? Wie lässt sich die Situation verbessern? Im Idealfall hat der Mitarbeiter schon seine Lehren draus gezogen und kann erste Erfolge beim Gegensteuern vermelden. So wird gleich wieder eine positive Nachricht draus.