Die fünf HR Kernkompetenzen –
Was erfolgreiche Personaler auszeichnet

Trendbuch Personalentwicklung 2012, Seite 19-24

2. Assessment Skills

Die Fähigkeit, andere zutreffend einschätzen zu können, stellt für mich die zentrale HR Kompetenz überhaupt dar.

Bis heute habe ich etwa 5.000 Einstellungsinterviews geführt. Viele hundert davon mit Personalern. Die wenigsten von ihnen, egal welche Ausbildung, welches Studium sie absolviert haben, verfügen über fundierte Assessment Skills. Sie haben es nicht wirklich gelernt, einen Kandidaten gegen das – häufig nicht vorhandene – Jobprofil zu „matchen".

Es dürfte nicht viele Vertriebsmitarbeiter in den verschiedensten Unternehmen der Welt gaben, die noch nicht an einem Verkaufstraining teilgenommen haben. Die wenigsten HR Generalisten haben jedoch an einem Workshop zum Führen professioneller Interviews teilgenommen. Die Organisation im Unternehmen, die in aller Regel für die Aus- und Weiterbildung zuständig ist, schafft es also nicht ausreichend, die eigenen Mitarbeiter in ihrer Kernkompetenz zu schulen oder schulen zu lassen. Da wird immer noch zu häufig darauf vertraut, dass man voneinander lernen möge, ohne dass klar ist, was genau gelernt werden soll.

In der TARGOBANK werden alle HR Generalisten in Workshops zum Thema „Assessment Skills" trainiert. In diesen Workshops geht es in erster Linie um folgende Themen:

  • Das Erstellen von Jobspezifikationen, die präzise beschreiben, welche Ausbildung, Fachkenntnisse, Fähigkeiten, Erfahrungen und Haltungen benötigt werden, um in der Position erfolgreich zu sein.
  • Die Fähigkeit, im Einstellungsgespräch mit dem Kandidaten eine Verbindung aufzubauen, die es ihm erlaubt, möglichst offen über eigene Stärken und Entwicklungsfelder zu sprechen – eine Grundvoraussetzung, um gute Einstellungsentscheidungen zu treffen.
  • Eine Interviewstruktur anzuwenden, die eine klare Gesprächsführung ermöglicht, die relevanten Fragen stellen lässt und damit eine Vergleichbarkeit in der Auswertung ermöglicht.
  • Die Fähigkeit zu entwickeln, im Interview Hypothesen über den Kandidaten aufzustellen, die jobrelevant sind. Und offen zu bleiben, um zu überprüfen, ob diese Hypothesen tatsächlich zutreffen oder nicht.
  • Die Interviews so auszuwerten, dass die Eignung des Kandidaten für die jeweilige Aufgabe eindeutig herausgearbeitet und eine möglichst zutreffende Entscheidung getroffen wird.

Nach dem Interviewtraining werden die Personalreferenten der Bank dann in echten Einstellungsgesprächen mit realen Kandidaten zertifiziert. Das bedeutet, dass ein externer Berater und der jeweilige HR Vorgesetzte überprüfen, ob und in welchem Maße das Gelernte von den Trainingsteilnehmern auch umgesetzt werden kann. In der Regel sind mindestens drei Interviews notwendig, um den Lernbedarf umzusetzen und alle Anforderungen zu erfüllen. Falls notwendig werden auch weitere Interviews durchgeführt, bevor die Zertifizierung ausgesprochen werden kann.

Alle Maßnahmen, mittels derer die Personaler befähigt werden, Kandidaten zutreffend einzuschätzen, haben nur ein Ziel: die richtigen Mitarbeiter für die jeweiligen Positionen zu finden und auszuwählen. In einer Zeit, in der bis 2025 etwa 6 Millionen Arbeitskräfte weniger in Deutschland verfügbar sein werden, wird der Erfolg aller Unternehmen zum

großen Teil davon abhängen, ob sie die besten Mitarbeiter finden werden. Eine erfolgreiche HR Organisation wird dabei eine sehr wichtige Rolle spielen.

Presse


  • Anmerkungen zum Recruiting

    Human Resources Manager, von Ulrich Jordan, April / Mai 2014

    Vom Schaffen einer Arbeitgebermarke bis zum Einsatz sozialer Medien – in die Gewinnung von Mitarbeitern wird viel investiert in deutschen Unternehmen. Was immer noch deutlich verbessert werden muss, ist die Fähigkeit der Personaler und Vorgesetzten, die richtigen Einstellungsentscheidungen zu treffen.

  • Kenne dich selbst!

    Business Reporter, September 2013

    Viele Personaler und Führungskräfte lassen sich bei Bewerberinterviews von ihrer persönlichen Intuition treiben. Das geht oft schief. Fehlbesetzungen vor allem im Management kosten die Unternehmen ein Vermögen, sagt Führungskräftecoach Ulrich Jordan im Gespräch mit Dr. Martin Roos. Was hilft, sind ein strukturiertes Recruitinggespräch, die richtigen Fragen und weniger Self-Cloning.

  • Woran scheitern Manager?

    DIE ZEIT, Forum von Ulrich Jordan, 17. September 2015

    Jürgen Großmann von RWE, Peter Löscher von Siemens, Thomas Middelhoff von Arcandor – diese Namen kennen die meisten, die sich in Deutschland für Wirtschaftsthemen interessieren. Sie alle sind nach anfänglichen Erfolgen als Vorstandsvorsitzende am Ende gescheitert. Bei Middelhoff war es lange vorher absehbar, bei Großmann und Löscher erst kurz davor. Jedenfalls wenn man dem Glauben schenkt, was in den Medien berichtet wurde.

  • Einsam an der Spitze

    DIE ZEIT, Forum von Ulrich Jordan, 29. August 2013

    Auf den Chefetagen deutscher Unternehmen werden Konflikte nur selten offen ausgetragen – ein Grund, warum Top-Manager so oft scheitern